Unterwegs von Sexten bis Oberstdorf (Teil 2)

Vom Sinn des Reisens

"Seit über 20 Jahren unternehme ich den Großteil meiner Reisen zu Fuß: Skandinavien, Griechenland, Frankreich, Spanien. Was ich dabei suche, ist Begegnung mit dem Anderen, dem Neuen, dem Fremden. Das ist für mich der Sinn des eigentlichen Reisens. Die jährliche Massenflucht an die sonnensicheren Badestrände, der durchprogrammierte All-inclusive-Urlaub im Ferienclub, ja selbst der kunst- und kulturbeflissene Besichtigungstourismus unserer Großstädte hat mit dem ursprünglichen Sinn des Reisens, der Begegnung, doch ziemlich wenig zu tun. Wirkliche Begegnung ist ja immer ein wechselseitiges Geschehen, ein Geben und Empfangen auf beiden Seiten. Und das erlebt der Fußreisende wie kein anderer - praktisch auf Schritt und Tritt: vom Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel vielleicht abgesehen, begegnet der motorisierte Reisende dem bereisten Land bestenfalls an den Endpunkten seiner Fahrten. Selbst der Radfahrer zieht in der Regel zu rasch vorüber. Nur der Wanderer ist langsam genug, um unterwegs zu grüßen und gegrüßt zu werden. Und damit fängt jede Begegnung an. Oft habe ich erlebt, dass meinem bloßen Gruß ein aufmunterndes Wort, eine Frage nach dem Woher und Wohin, eine Einladung zum Rasten und Verweilen gefolgt ist: in Gebirgsdörfern, auf einsamen Gehöften, an Gartenzäunen. Meine bloße Bitte um Wasser wurde oft mit Wein, Brot und Käse beantwortet. Meine einfache Frage nach dem weiteren Weg mündete nicht selten in regelrechte Erzählrunden, zu der die ganze Nachbarschaft neugierig zusammenlief. Und hin und wieder nötigte man mich geradezu, über Nacht zu bleiben: das gebot die heilige Pflicht der Gastfreundschaft. Ich sammle bei dieser Art des Reisens vielleicht nicht so viele bedeutende Sehenswürdigkeiten wie andere. Ich muss auf gewohnten Komfort verzichten. Ich bin auch nie sicher vor manch unliebsamen Überraschungen. Aber niemand begegnet einem Land und seinen Menschen wirklich aufrichtiger, als wer sich ihm zu Fuß nähert.

(entnommen aus: Ö1 - Gedanken zum Tag, Juli 2004, "Boden unter den Füßen" - Markus Schlagnitweit)

Wir sind wieder unterwegs ...

An zwei Wochenenden im Juli 2016 wandern wir von Sexten nach Sand in Taufers.

Am 17. Juli 2016 starten wir  im Tauferer Ahrntal unsere zweiwöchige Wanderung, mit dem Ziel Oberstdorf zu erreichen; am 28. Juli 2016 kommen wir im Allgäu an.

Die Wanderung führt uns durch die Dolomiten, die Zillertaler Alpen, die Tuxer Alpen, den Karwendel, das Wettersteingebirge, die Lechtaler Alpen und schließlich in den Allgäu.

 

Drei Zinnen
Drei Zinnen

Von Sexten nach Prags (R26 - R27 -R28)

Tag 1: diese Etappen (R26 und R27) führen uns von Sexten auf die Drei Zinnen Hütte, weiter durch das Rienztal hinunter zum Dürrensee und hinauf zur Plätzwiese.

Ein kleiner Abschnitt der Etappe R28 führt uns dann von der Dürrensteinhütte bis nach Brückele Prags.

 

Von Prags nach Oberrasen (R29 - R30)

Tag 2: an diesem Tag wandern wir die Strecke von Brückele nach Prags und weiter bis nach Oberrasen (R29 und R30).

 


Rieserfernerhütte
Rieserfernerhütte

Von Oberrasen nach Sand in Taufers (R31 - R32)

 

Tag 3: die Etappen R31 und R32 sind unsere Etappen mit "Heimvorteil". Sie führen uns von zu Hause bis auf die Rieserfernerhütte und dann weiter nach Sand in Taufers. Wir bezeichnen diese Route deshalb auch als Aufwärmrunde für die Fernwanderung, auf die wir in einer Woche "aufbrechen" wollen.

 


... die Tour kann beginnen
... die Tour kann beginnen

Von Sand in Taufers bis zur Edelrauthütte (R33 - R34)

 

Tag 4: das eigentliche Projekt "Via Alpina 2016" beginnt für uns mit den  Etappen R33 und R34. Die vorhergehenden Touren waren Aufwärm- bzw. Probeeinheiten. Diese Abschnitte führen uns nun vom Speikboden auf dies Chemnitzerhütte und weiter bis zur Edelrauthütte.


Steinböcke auf dem Weg zur Weißzintscharte
Steinböcke auf dem Weg zur Weißzintscharte

Von der Edelrauthütte bis zum Pfitscher-Joch-Haus (R35)

 

Tag 5: diese Route haben wir etwas abgeändert. Der eigentliche Verlauf der Etappe wäre folgender: von Dun in Pfunders über die Engbergalm und den Grindler See zur Gliederscharte aufsteigen, hinunter ins Unterbergertal um dann wieder hinauf zum Pfitscher-Joch-Haus zu gelangen.

Wir aber steigen hinauf zur Weißzintscharte, überqueren dann das Gletscherfeld, steigen zur Hochfeiler Hütte und weiter bis nach Stein ab. Von dort geht es wieder bergauf zum Pfitscher-Joch-Haus.


Kaffeepause
Kaffeepause

Vom Pfitscher-Joch-Haus bis zur Rastkogelhütte (R36 - R38)

 

Tag 6: für diesen Tag haben wir zwei Routen zusammengelegt.

Unser Tagesziel ist die Rastkogelhütte und deshalb lassen wir die Teilstrecken des "Asphaltwanderns" aus und nehmen stattdessen Bus und Bahn.


Kapelle auf dem Kellerjoch
Kapelle auf dem Kellerjoch

Von der Rastkogelhütte bis nach Schwaz (R39 - R40)

 

Tag 7:  Von der Rastkogelhütte geht es hinunter nach Hochfügen, hinauf auf den Loassattel, den Kuhmesser und weiter zur Kellerjochhütte. Wir steigen dann ab zum Gasthof "Grafenrast" und fahren dann per "Anhalter" weiter bis nach Schwaz. Dort sind wir bei unserem Neffen Michael und seiner Frau Katja eingeladen. 


Lamensenhütte
Lamensenhütte

Von Schwaz bis zur Falkenhütte (R41 - R42)

 

Tag 8:  Von der Bärenrast in Schwaz wandern wir hinauf zur Lamsenhütte. Nach einer kurzen Regenpause geht es hinunter in die Gramai - weiter hinauf auf den Binssattel - hinunter in die Eng - hinauf zum Hohljoch und weiter zur Falkenhütte.


Karwendelhaus
Karwendelhaus

Von der Falkenhütte bis nach Scharnitz (R43)

 

Tag 9:  Von der Falkenhütte führt der Weg über das Almgelände hinunter zur romantischen Ladizalm und zum kleinen Ahornboden. Die großen Ahornbäume und der Brunnen laden zum Verweilen ein, aber nicht zu lange, denn der Weg zum Karwendelhaus und hinunter nach Scharnitz ist noch lang.


auf der Leutascher Platte
auf der Leutascher Platte

Von Scharnitz bis zur Meilerhütte(R44)

 

Tag 10:  Eine lange und sehr anstrengende Etappe steht bevor. Der erste Teil beinhaltet den Übergang von Scharnitz in die Leutasch über den 1.495 m hohen Hohen Sattel. Der zweite Teil wird hochalpin: der Anstieg zur Meilerhütte ist steil und durch schroffes Gelände, wie es für das Wettersteingebirge charakteristisch ist, gekennzeichnet. 


Schachen
Schachen

Von der Meilerhütte bis zur Knorrhütte (R45)

 

Tag 11:  Nach der gestrigen doch recht anstrengenden Etappe führt uns diese Tour zunächst meist bergab. Die landschaftlichen Eindrücke, die man hier mitten im Herz des Wettersteingebirges mitnehmen darf, sind beeindruckend. Später geht es dann am Ausläufer der Zugspitzen-Platte wieder hinauf bis zur Knorrhütte.


Von der Knorrhütte bis zur Wolfratshauser Hütte (R46+R47)

 

Tag 12:  Der erste Teil führt uns über die Zugspitzplatte hinauf zum "Gatterl", wo wir auf die österreichische Seite wechseln. Unterhalb der beeindruckenden Wetterwand , wandern wir über Weiden und Wiesen zum Seebensee und zur Coburger Hütte. Die folgende Etappe beinhaltet den Wechsel vom Wettersteingebirge in die Lechtaler Alpen, wobei der Übergang sich eher unspektakulär im Bergmischwald vollzieht. Von Biberwier gehen wir dann noch einmal bergauf zur Wolfratshauser Hütte


Wegweiser im Nebel
Wegweiser im Nebel

Von der Wolfratshauser Hütte bis nach Weißenbach am Lech (R48)

 

Tag 13:  Abseits des hektischen Treibens rund um den Fernpass führt diese Etappe in die Abgelegenheit und Ruhe des Berwanger Tals. Nach dem Abstieg von der Wolfahrtshauser Hütte, folgt eine gemütliche Wanderung mit kaum nennenswerten Höhenunterschieden bis nach Weißenbach am Lech. 


Schwarzach
Schwarzach

Von Weißenbach am Lech bis zum Prinz-Luitpolds-Haus (R49)

 

Tag 14:  Das Tiroler Lechtal, die letzte große Wildflusslandschaft Europas, Natura 2000 Gebiet und zukünftiger Naturpark domiert diese Etappe. Die weiten Schotterbänke des Lechs verlassend, folgt man durch malerische Auwälder dem Verlauf des Schwarzwassertals, dem Tor zur Allgäuer  Bergwelt, wo der Hochvogel über allen anderen Gipfeln thront.


Himmelecksattel
Himmelecksattel

 Vom Prinz-Luitpolds-Haus bis nach Oberstdorf (R50)

 

Tag 15:  Eine wunderbare alpine bis gemütliche Wanderung steht an diesem Tag auf dem Programm. Nicht nur, dass alle hochrangigen Gipfel der Allgäuer Alpen wie Schneck und Höfats bewundert werden können, sondern man trifft auch auf zwei der anderen Via Alpina Routen. Dem Verlauf des Violetten Weges folgt man bis zur Schönberghütte und kurz vor Oberstdorf trifft man auf den Gelben Weg.


 

Tourdaten zur Via Alpina von Sexten bis Oberstdorf (Teil 2):

Distanz: 332,1 km

Höhenmeter bergauf:  20.791 m

Höhenmeter bergab:   22.175 m

Zeit: ca. 141 Stunden (14 Tagesetappen)

 


Von der Bedeutung des Ziels für den Weg

"Der Weg ist das Ziel." - Kein Wunder, dass ausgerechnet die Werbeabteilung einer Autofirma diese angebliche Lebensweisheit so populär gemacht hat. Autofirmen haben ja wohl die geringste Ahnung vom wirklichen, ehrlichen Bewältigen von Wegen. Deshalb muss ich diesem Werbespruch auch widersprechen: Wer schon einmal tage- oder wochenlang zu Fuß gegangen ist, weiß, dass er ohne ein klar gesetztes Ziel nicht sehr weit käme. Die unweigerlich begegnenden Schwierigkeiten, die Mühsal tagelangen Gehens würden den ziellos Wandernden frühzeitig zum Aufgeben verleiten: "Was tust du dir das noch länger an? Brich doch ab! Ist ja schon genug!". Nur wer sich ein klares Ziel gesteckt hat, wird solche Situationen bestehen und seinem Weg treu bleiben. - Vielleicht ist der Spruch "Der Weg ist das Ziel" aber gerade deshalb so populär: Er dispensiert scheinbar davon, sich auf ein Ziel festzulegen, eine klare Entscheidung zu treffen und ihr auch dann treu zu bleiben, wenn es schwierig wird.

Nein, der Weg ist nicht das Ziel. Er ist schon wichtig, und kein so leidenschaftlicher Geher wie ich, wird sich mangelnde Liebe zum Weg und zum Unterwegsein nachsagen lassen. Aber ob ein Weg wirklich gut und richtig ist, ob er weiter führt, ob meinem entschlossenen Aufbruch auch ein Ankommen entspricht, das diesen Namen wirklich verdient - das entscheidet sich doch immer vom Ziel her.

Wer das Unterwegsein aufrichtig liebt, wer dauerhaft unterwegs bleiben will, setzt seinem Weg immer auch ein Ziel. Nicht um den Weg selbst gering zu achten - im Gegenteil: um ihm treu bleiben zu können. Und Treue ist doch immer noch der überzeugendste Erweis von  Liebe.

(entnommen aus "Boden unter den Füßen" - Aufforderung zur Unruhe - Markus Schlagnitweit)